Dr. Sam Tsemberis entwickelte den konzeptionellen Ansatz von Housing First als „Pathways to Housing“ Ende der 1990er-Jahre in den USA. Den Mitgliedern des Bundesverbands sind in ihrer täglichen Arbeit die Konzepttreue und eine Ausrichtung an den zentralen Prinzipien von Housing First wichtig.
Der Housing First-Ansatz beruht auf folgenden Grundprinzipien, die ihn international und auch in Deutschland so erfolgreich machen:
1. Wohnen als Menschenrecht
Ein eigener, unbefristeter Mietvertrag ist sofort möglich. Daher ist die Teilnahme nicht an eine Verhaltensänderung oder Bereitschaft zu einer Therapie gebunden.
2. Wahlfreiheit und Entscheidungsfreiheit
Selbstbestimmung ist zentral. Ob eine weiterführende Hilfe erfolgt, entscheiden die Mieter:innen. Beratung und Hilfe orientiert sich eng an den selbst formulierten Zielen und Wünschen der Nutzer:innen. Sie selbst wählen, was, wann und wie es angegangen wird. Ihre Entscheidungen werden respektiert.
3. Trennung von Wohnen und Betreuung
Wohnung und Hilfe sind personell und organisatorisch voneinander getrennt. Wer die Wohnung verlieren sollte, kann weiter unterstützt werden. Wer keine Hilfe möchte oder die Hilfe beendet, darf selbstverständlich weiter in der Wohnung bleiben.
4. Personenzentrierung
Die Hilfe richtet sich streng an Zielen und Wünschen der Klient:innen aus. Jede Hilfe ist so individuell wie die an Housing First teilnehmende Person.
5. Aktive Beteiligung ohne Druck und Zwang
Mit der Option auf eine regelmäßige, aber freiwillige Zusammenarbeit gestalten die Teilnehmenden ihre Wege, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, aktiv und selbst.
6. Flexible Hilfen so lange wie nötig
Hilfe und Unterstützung erfolgen so lange, wie es die Teilnehmenden möchten und brauchen.
7. Harm Reduction („Schadensreduzierung“)
Abstinenz, Therapie oder Verhaltensänderungen sind keine zwingenden Voraussetzungen für eine Teilnahme an Housing First – auch, wenn es natürlich selbstbenannte Ziele der Teilnehmenden sein können und oft sind.
8. Recovery-Orientation („Gesundungsorientierung“)
Ein zufriedenstellendes Leben ist das Ziel. Daher kann das Angebot zur Hilfe auch darin bestehen, körperliche Gesundheit, seelisches Wohlbefinden und soziale Kontakte so weit es geht zu verbessern.